Antijagdtraining – den Jagdtrieb beim Hund kontrollieren
26.09.2023 - Lesedauer: 4 Minuten
Dein Hund hat einen ausgeprägten Jagdinstinkt und du verzweifelst bei jedem Hundespaziergang? Jedes Rascheln im Laub versetzt ihn in Alarmbereitschaft? Dann ist ein Antijagdtraining für dich und deinen Hund nur zu empfehlen. Ein unkontrollierbarer Hund stellt eine Gefahr für sich und andere dar. Der „Tunnelblick“ und die Fixierung auf das Wild machen einen Hund mit Jagdtrieb blind für Autos, Straßen und Entfernungen. Doch warum ist das so und wie kannst du dem erfolgreich entgegenwirken? Begeben wir uns auf die Spur des Jagdtriebs von Hunden …
Viel Hundehalter stellen sich die Frage „Warum jagt mein Vierbeiner, wo er doch gar kein Jagdhund ist?“ Die Antwort ist einfach: weil jeder Hund einen Jagdinstinkt hat. Vererbt hat ihm das sein Urahne, der Wolf. Der angeborene Jagdtrieb fällt je nach Hund sehr unterschiedlich aus. Rassen, die seit Jahrhunderten für die Jagd gezüchtet werden, gehören der Gruppe „Jagdhunde“ an. Unter ihnen gibt es sehr unterschiedliche Spezialisten wie Vorstehhunde (Pointer, Irish Setter), Hatz-/Hetzhunde (Podenko, Barsoi), Stöber- (Beagle, Wachtelhund) und Apportierhunde (Spaniel, Retriever).
Wenn ein Hund mit ausgeprägtem Jagdtrieb etwas „Hetzbares“ aufspürt oder –bei Sichtjägern – erspäht, dann hilft kein Rufen und kein Drohen: Dein Hund wird dich sofort links liegen lassen und nicht aufhören zu hetzen, bis er physisch aufgibt oder die Beute gepackt hat.
Warum der beispielsweise ansonsten treue Dackel zum gnadenlosen Jäger mutieren kann, liegt am Adrenalin und Endorphinen: Jagdhunde „lieben es“ zu jagen, weil das Adrenalin, das ihren Körper überflutet, für ein Gefühl sorgt, das sie alles andere vergessen lässt. Der Zustand des Hundes ist durchaus mit einem Rauschzustand vergleichbar.
Grundsätzlich gilt: Der Jagdtrieb deines Hundes ist genetisch bedingt und kann nicht – vor allem sollte nicht – wegtrainiert werden. Nimm Abstand von echten Jagdhunderassen, wenn du nicht bereit bist, Zeit und Geduld in ein Antijagdtraining zu investieren. Das Antijagdtraining ist im Grunde kein Antijagd-, sondern ein Kontrolltraining, bei dem du die zunächst unkontrollierte und daher gefährliche Jagdneigung deines Hundes sehr gut in den Griff bekommst.
Umso genauer du das Verhalten deines Hundes kennst, desto gezielter kannst du das Antijagdtraining angehen. Versuche nicht, den Jagdinstinkt deines Hundes zu „eliminieren“, sondern setzte dein Hundewissen richtig ein.
Was trifft auf deinen Hund zu?
- Mein Hund verharrt vor der Beute: Die Eigenschaft eines Vorstehhundes – er zeigt an, wo die Beute sich versteckt. Verstärke dieses Verhalten im Antijagdtraining mit Ersatzbeute an einer Reizangel.
- Mein Hund überfällt Inline-Skater oder Fahrradfahrer: Dieses Verhalten zeigt an, dass hier der Hund aus Langerweile oder Frust heraus jagt. Den Hund zu beschäftigen und sein Sozialverhalten zu trainieren, reicht häufig aus.
- Mein Hund ist Fährtensucher: Setzt dieses Talent im Antijagdtraining ein: Verstecke besondere Leckerlis am Wegesrand und übe gleichzeitig das Zurückkommen mit Clicker oder Kommando/Pfeifton.
- Mein Hund hetzt Beute – die Königsaufgabe im Antijagdtraining: Mit der Schleppleine hinderst du deinen Hund notfalls am Jagen, sobald dieser ansetzt. Wichtigster Schritt: Einübung eines Kommandos wie „Stopp“ mithilfe von Ersatzbeute und Leckerchen.
Der wichtigste Schritt im Antijagdtraining ist eine starke Bildung zu dir. Wenn dein Hund sich immer wieder nach dir umdreht, um zu überprüfen, wo sein „Leittier“ ist, dann hast du eine hervorragende Voraussetzung für den Abruf deines Hundes von der Beute.
Mit einer 10-Meter-Schleppleine lernt dein Hund, im engen Radius Kontakt zu dir zu halten. Verbinde ein positives Ritual mit der Schleppleine und verwende dabei unbedingt ein Brustgeschirr, um das Eindrücken der Leine in den empfindlichen Hundehals zu verhindern. Ruf deinen Hund zu dir, noch bevor Spannung auf der Schleppleine entsteht.
Bediene zugleich eine Hundepfeife, da dein Hund dich auch auf größere Distanz hören soll. Unterstütze ihn durch Lob, sobald er sich zu dir umdreht, und belohne ihn mit Leckerli oder seinem Lieblingsspielzeug, wenn er zu dir zurückkommt. Reagiert der Hund nicht auf dein Rufen, wechsele sofort und wortlos die Richtung.
Tipp: Bleibe gelassen, geduldig sowie konsequent und lass dich niemals an der Schleppleine durch den Wald ziehen!
Ein gutes Hilfsmittel im Training ist die Reizangel: eine Angel an dessen Schnur ein „Reizobjekt“ – Plüschtier, Gummispielzeug, Ball, echter oder künstlicher Felllappen – hängt. Benutze die Reizangel ausschließlich, um deinen Hund auf das Reizobjekt zu fixieren. Lass ihn nicht hinter dem Objekt hetzen, denn so verstärkst du seinen Jagdinstinkt.
Sprich ein Kommando „Stopp“ oder pfeife, sobald er vor dem Reizobjekt stehen bleibt. Belohne ihn für diese Leistung mit Streicheleinheiten oder einem besonderen Leckerli. Hetzt der Hund jedoch auf das Reizobjekt zu, dann entwende es ihm kommentarlos mithilfe der Reizangel (das ist der eigentliche Zweck dieser Vorrichtung). Wiederhole diese Übung regelmäßig, bis dein Hund auf Kommando/Pfiff immer vor der „Beute“ stehen bleibt.
Aber aufgepasst: Bemerkst du, dass dein Hund vermehrt mit Frustration reagiert, beendest du das Training und wendest eine alternative Methode an.
Begegne dem Jagdinstinkt deines Hundes mit viel Fantasie, abwechslungsreichen Spielen und einem Futterdummy – dem wetterfesten Futterbeutel in Wurstform. Überraschungen, Suchspiele, Apportierübungen oder Wettrennen machen das Antijagdtraining für deinen Hund richtig spannend. So lernt er, dass er in deiner Nähe immer etwas Interessantes erlebt. Zeige deinem Hund, sobald er wildern will, dass es dafür eine spannendere Alternative gibt.
Tipp: Nutze den Futterdummy als „Futterquelle“ und Beuteersatz für unterwegs. Fülle ihn mit Futter auf und wirf ihn zum Apportieren. Als Belohnung für das Bringen darf er eine Kleinigkeit aus dem Beutel naschen.