Kaninchen kastrieren: operative Geburtenkontrolle
05.05.2023 - Lesedauer: 3 Minuten
Die Redewendung „sich vermehren wie die Kaninchen“ ist nicht ohne Grund entstanden: Kaninchen sind ungeheuer fruchtbar. Die Tiere sind sehr früh geschlechtsreif, an keine Saison gebunden und können mehrere Würfe im Jahr mit bis zu zehn Babys hervorbringen. Um Kaninchenleid vorzubeugen, hilft nur eines: Der Rammler muss kastriert werden.
Kaninchen Jungtiere sind sehr frühreif, paaren sich bald – und so weiter. Rein rechnerisch kann ein einziges Kaninchenpaar im Jahr über hundert Nachkommen zeugen, die Enkel- und Urenkel-Generationen gar nicht erst gerechnet. In der Natur ist diese extreme Fruchtbarkeit sehr sinnvoll, da viele Kaninchen Beutegreifern zum Opfer fallen oder durch andere widrige Umstände umkommen. Die hohe Reproduktionsrate gleicht diese Ausfälle wieder aus. Im geschützten Umfeld der Heimtierhaltung wird das Fortpflanzungsverhalten unweigerlich zum Problem. Viel zu oft sind Halter mit unerwartetem Nachwuchs überfordert und Tierheime ächzen unter der Last der Abgabetiere. Daher ist eine Kastration sinnvoll.
Optimalerweise lässt du Rammler vor Erreichen der Geschlechtsreife kastrieren; man spricht dabei von der sogenannten „Frühkastration“. Zwergkaninchen werden etwa mit zwölf Wochen geschlechtsreif, bei größeren Rassen und Riesenkaninchen dauert es etwas länger. Der Eingriff erfolgt daher rasseunabhängig zwischen der achten und zwölften Woche. Die Frühkastration bewirkt, dass das männliche Kaninchen mangels Sexualhormonsteuerung weniger geschlechtsspezifische Verhaltensweisen entwickelt. Außerdem kann die Quarantänezeit nach der Operation erheblich verkürzt werden, da bei einem Jungtier nicht die Gefahr „überlebender“ Spermien besteht. Der Nachteil für den kleinen Kastraten: Er kann mit den Brunftsignalen weiblicher Tiere nichts anfangen, was bei den Häsinnen je nach Charakter gegebenenfalls zu Frustration führen kann. Die Kastration weiblicher Kaninchen, also die Entfernung der Eierstöcke und gegebenenfalls der Gebärmutter, dient neben der Verhütung der Vorbeugung verschiedener Erkrankungen. Allerdings ist die Weibchenkastration ohne weitere medizinische Indikation – wie erhöhtem Krebsrisiko – verhältnismäßig risikoreich.
Männliche Kaninchen verteidigen ihr Revier, und zwar mit Zähnen und Krallen. Auch bei getrennten Geschlechtern ist es nicht möglich, unkastrierte Rammler oder eine gemischte Gruppe aus Kastraten und potenten Männchen gemeinsam zu halten. Selbst wenn die Tiere eine Weile harmonieren, kann es durch kleine Auslöser urplötzlich zu Kämpfen mit verletzten oder getöteten Kaninchen kommen. Die Kastration macht die Männchen ausgeglichener und verträglicher. Selbst wenn du Nachwuchs in Kauf nehmen würdest, wäre die gemeinsame Haltung von einem potenten Männchen und Weibchen nicht dauerhaft zu empfehlen: Der Geschlechtstrieb des Männchens führt dazu, dass das Weibchen übermäßig bedrängt wird, was entweder große Stressbelastung bei der Häsin auslöst oder sie ihrerseits aggressiv auf das Männchen reagieren lässt. Dabei zieht das Weibchen nicht zwingend den Kürzeren.
Ganz abgesehen von der Geburtenkontrolle sorgt die Kastration der Männchen also für ein viel entspannteres Zusammenleben in der Kaninchengruppe, ganz egal, ob du einen „Männerverein“ oder eine gemischte Gruppe hältst. In der Praxis hat sich die Vergesellschaftung von Weibchen mit Kastraten als besonders entspannt erwiesen. Das kastrierte Männchen hat darüber hinaus einen viel geringeren Drang dazu, sein Revier mit Duftmarkierungen abzustecken, was besonders in der Wohnungshaltung angenehmer ist.
Ein Zwergkaninchen kastrieren zu lassen, ist nicht teuer. Die Kastration eines männlichen Kaninchens ist für einen Tierarzt Routine. Es handelt sich um eine unkomplizierte Operation, die zwischen 30 und 50 Euro kostet. Informiere dich vorher in der Tierarztpraxis, wie genau der Eingriff vorgenommen wird und welche Einzelkosten entstehen. Die Frühkastration ist ein wenig aufwendiger, da ein Bauchschnitt erforderlich ist, um an die noch nicht abgestiegenen Hoden zu gelangen, hat aber wie erwähnt viele Vorteile bei geringem Risiko.
Was muss ich vor und nach der Operation beachten?
- Gesundheitsstatus: Vor der Operation muss sichergestellt sein, dass das Kaninchen organisch gesund ist und ein stabiles Immunsystem hat. Vorbeugend sollte der Tierarzt Herz und Lunge abhören.
- Ernährung: Anders als andere Tiere dürfen Kaninchen vor der Kastration nicht nüchtern sein: Bei einer Unterbrechung der Nahrungszufuhr droht ein Zusammenbruch des Stoffwechsels. Nach der Operation solltest du dem Tier sein Lieblingsfutter anbieten und darauf achten, dass es ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt. Falls das Kaninchen etwa acht Stunden nach der Operation noch nicht von sich aus wieder frisst, musst du in Absprache mit dem Tierarzt einen Päppelbrei zufüttern.
- Betäubung: Die Kastration erfolgt unter Betäubung. Auch das Erwachen aus der Narkose sollte in der Tierarztpraxis geschehen: Für den seltenen Fall, dass es zu Komplikationen wie einem Kreislaufkollaps kommt, kann schnelle, fachlich kompetente Hilfe erfolgen. Um die Operationsschmerzen zu lindern, verabreicht der Tierarzt ein lange vorhaltendes Schmerzmittel.
- Quarantäne: Damit die Wunde gut verheilen kann, darf das Kaninchen nach der Kastration nicht sofort wieder zu den anderen Tieren ins Gehege. Wichtig bei bereits erwachsenen Tieren: Die Kastration wirkt bei geschlechtsreifen Tieren der Neubildung von Spermien entgegen, der Rammler ist aber nach der Operation durchaus noch eine Weile zeugungsfähig. Bei Vergesellschaftung mit einem Weibchen sollte der Kastrat eine sechswöchige Quarantäne absitzen, bevor er wieder zum Partnertier kommt. Lebt der neue Kastrat mit anderen zeugungsunfähigen Rammlern zusammen, genügt eine etwa vierzehntägige Quarantäne, damit der Hormonspiegel sich einpendelt.
- Nachsorge: Die Operationswunde muss in den nächsten Tagen sauber bleiben. Es ist angebracht, im Quarantänegehege für einige Tage auf Einstreu zu verzichten und es stattdessen mit Handtüchern zu polstern. Die Nagertoilette kannst du vorübergehend mit Küchenpapier auslegen. Sorge dafür, dass das Tier es warm hat: Kaninchen in Außenhaltung solltest du vorübergehend mit ins Haus nehmen. Damit das Tier nicht an der Wunde knabbert, kannst du aus einem elastischen Stoff provisorische Schutzkleidung fertigen oder eine Halskrause anlegen.